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Impuls zum Oktober

„Vom Glück, dankbar sein zu können“

Impuls

„Vom Glück, dankbar sein zu können“

Die Freude, einen Schatz zu finden! Vielleicht kennt ihr dieses Gefühl noch aus euren Kindheitstagen. Wenn euch die Eltern quer durch die Nachbarschaft schickten und ihr endlich nach erfolgreicher Schnitzeljagd und gefühlter Ewigkeit den Schatz fandet. Meistens Süßigkeiten oder kleines Spielzeug, worüber man sich als Kind wie bolle freute. Ebenso viel Spaß macht es den eigenen Kindern zuzusehen, wie sie sich an einem Schatz erfreuen. Ein schönes Gefühl.

Meine ganz private Schatzsuche besteht darin, Kartoffeln zu ernten. Bewaffnet mit Kartoffelhacke und Korb ziehe ich zum Beet und pule ich die oval-knubbeligen Erdäpfel aus der Erde, gespannt darauf, was ich zu sehen bekomme: kleine oder große Knollen oder manchmal auch gar nichts, wenn die Wühlmaus wieder schneller war. Gibt’s auch. Aber wenn die roten und gelben Kartoffeln dann doch zum Vorschein kommen und der Korb sich langsam füllt – einfach toll! Schatzsuche für Erwachsene. Sehr empfehlenswert.

Ein Korb mit roten und gelben Kartoffeln, eine Kartoffelhacke, das Beet, aus dem die Kartoffeln geerntet werden

An solchen Dingen kann ich mich erfreuen. Ich merke dabei: Es ist schön, dankbar sein zu können. Ich fühle mich beschenkt, dass mir nach dem Setzen, Hegen und Pflegen der Pflanzen etwas Greifbares geschenkt wird.

Ich glaube, dass Dankbarkeit sehr bereichernd für einen sein kann und versuche mich seit einiger Zeit darin, stärker das zu sehen, worüber ich mich freue und wofür ich dankbar sein kann. Durchaus hartes Training, gelingt auch nicht immer. Spätestens aber, wenn ich im Garten bin und mir die Hacke schnappe, weiß ich, dass ich einen Grund haben werde, dankbar zu sein.

Gleichzeitig frage ich mich, was ist, wenn bei aller Suche kaum etwas zu finden ist? Was, wenn es nichts gibt, für das man dankbar sein kann?

Ich muss oft an unseren Gottesdienst für verstorbene Wohnungslose im November denken. Jonas, ein ehemaliger Streetworker, holte sich immer Stimmen von den Leuten auf der Straße ein und fragte sie, was ihnen zu Gott einfällt. Lebhaft in Erinnerung geblieben ist mir eine drastische Antwort, die er mal vorlas: „Ach bleib mir mit deinem Gott und dem Gequatsche davon fern!“

Ich meine: Wer kanns dem Zitatgeber verdenken? Wenn jemand in erster Linie Missgunst, Ärger, Nerverei, Misere, Enttäuschung und soziale Kälte erfährt, eigentlich nichts, was wirklich schön im Leben ist, wie will man da gut draufkommen und fröhlich, geschweige denn dankbar sein?  Diese Vorstellung frustriert mich. Ich stelle mir vor wie es ist, wenn es fast nichts im eigenen Leben gibt, wofür man dankbar sein kann. Das fühlt sich schwer und ungerecht an.

Ich weiß: Die Misere der oder des Nächsten werde ich nicht lösen können. Doch hoffe ich sehr, dass es kleine oder auch große Anlässe in jedem Leben gibt, die einen Menschen dankbar sein lassen können. Über irgendetwas, dass in dem Moment Freude bereitet und ein schönes Gefühl beschert. Hierzu möchte ich gerne beitragen. Sei es mit einem freundlichen Blick, einer Begrüßung oder einer unvoreingenommenen Begegnung.

Wenn mir dies gelänge, dem oder der Nächsten solch einen guten Moment zu ermöglichen, wäre das auch für mich ein Geschenk. Etwas, wofür auch ich dankbar sein kann. Wie über die Kartoffeln in meinem Beet.

Anke Mirsch
Referentin Unternehmenskommunikation
Stabsstelle Nachhaltigkeitsmanagement