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"Gott ist queer – und das ist eine gute Nachricht"
Impuls
Gastbeitrag einer Vertreterin von Kreuz & Queer, dem Konvent queerer Mitarbeiter*innen der BEK
Wie in den vergangenen Jahren wird auch im August 2025 in den Wochen um den CSD die Regenbohnenfahne am Haus der Diakonie in der Blumenthalstraße gehisst: Ein Zeichen der Haltung für Vielfalt, Akzeptanz und Verbundenheit.
Gott ist queer – und das ist eine gute Nachricht
Neulich bat mich jemand, einen Artikel über Diversität und queere Themen zu schreiben. Kein Problem! Vielleicht hast du sie schon gesehen: bunte Flaggen an Kirchen, bei Festen, auf Plakaten. Regenbogenfarben als Zeichen für Vielfalt, Würde und die Freiheit, so leben zu dürfen, wie es zu dir passt. Manche freuen sich darüber. Andere sind irritiert. Muss das sein? Ich finde: Ja. Denn die Regenbogenflagge erinnert daran, worum es in Kirche im Kern geht – um Menschen. Um ihre Geschichten. Um Anerkennung. Und um die Zusage: Du bist von Gott gewollt. Genau so.
Von Anfang an vielfältig gedacht
In der biblischen Schöpfungsgeschichte steht nicht: Gott schuf den Menschen als Mann und Frau. Sondern: als „männlich und weiblich“ (Gen 1,27). Zwei Pole, zwischen denen sich das ganze Spektrum menschlichen Lebens entfaltet. So wie Tag und Nacht nicht alles sind, sondern Dämmerung, Lichtspiel, Übergänge dazugehören – so ist auch Geschlecht nicht binär.
Gott hat also von Anfang an Vielfalt mitgedacht. Nicht als Ausnahme, sondern als Teil des Ganzen. Es gibt nicht „die einen“ und „die anderen“. Es gibt viele Ausdrucksformen von Identität, Nähe und Beziehung. Und jede ist Teil der Schöpfung.
Gott entzieht sich jeder Schublade
Als Pastor Quinton Ceasar 2023 auf dem Kirchentag sagte: „Gott ist queer“, wurde das heiß diskutiert. Für manche war das ein Tabubruch – für andere eine erlösende Einsicht. Denn in dieser Aussage steckt eine tiefe theologische Wahrheit: Gott passt in keine Kategorie.
Gott ist nicht männlich. Nicht weiblich. Nicht weiß. Nicht hetero. Gott überschreitet Grenzen, durchkreuzt unsere Normen, entzieht sich unserer Kontrolle. Und begegnet Menschen mitten in ihrem Leben – auch dort, wo sie nicht reinpassen und jenseits gesellschaftlicher Normen.
Vielfalt verändert uns alle
Es geht nicht nur darum, queere Menschen zu „integrieren“. Es geht um ein neues Verständnis von Gemeinschaft. Darum, wie wir miteinander leben wollen. Wer darf sichtbar sein? Wer wird gehört? Und was entsteht, wenn wir vertraute Vorstellungen loslassen?
Viele Menschen – auch die, die sich nicht als queer verstehen – erleben: Diese Fragen tun gut. Sie machen ehrlich. Und sie machen frei. Gerade dort, wo alte Rollenbilder einengen oder Druck machen, eröffnen neue Perspektiven Räume zum Aufatmen.
Ein Regenbogen als göttliches Versprechen
Der Regenbogen in der Bibel ist Gottes Zeichen nach der Sintflut. Kein Zorn mehr. Keine Ausgrenzung. Nur die Zusage: Ich bin da – für alles, was lebt. Ein neuer Blick auf das, was heilig ist.
Wenn heute Regenbogenflaggen an Kirchen hängen, dann erinnern sie daran: Du bist nicht falsch. Du bist gesegnet. Du bist willkommen. Du musst dich nicht verbiegen, um dazuzugehören.
Kirche neu sehen
Ich wünsche mir eine Kirche, die diese Zusage ins Zentrum stellt.
Die Gottes Vielfalt ernst nimmt. Die nicht fragt, wie du sein sollst, sondern was dich lebendig macht. Eine Kirche, in der Menschen nicht „mitgemeint“ sind – sondern selbstverständlich dazugehören. Und in der niemand erst erklären muss, warum sie*er dazugehört. Denn Gott selbst hat mit Schubladen nie viel anfangen können. Und das ist vielleicht die beste Nachricht von allen.
Eure Pastorin Caroline Duțescu
St. Jakobigemeinde Bremen-Neustadt
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✺ Info: Was bedeutet LGBTQIA+? Und was ist „queer“?
- LGBTQIA+ ist eine Abkürzung für: Lesbisch, Gay (schwul), Bisexuell, Trans*, Queer oder Questioning, Inter*, Asexuell oder Agender – und das „+“ steht für viele weitere Identitäten, die nicht in diese Buchstaben passen.
- Queer war früher ein Schimpfwort und ist heute ein stolzer und offener Begriff für alle, die sich nicht in klassische Vorstellungen von Geschlecht oder Sexualität einordnen. Es meint nicht nur „nicht-hetero“ oder „nicht-cis“, sondern auch: Ich hinterfrage Rollenbilder und gesellschaftliche Erwartungen.
- Pride Month ist der queere Aktionsmonat im Juni. Er erinnert an die Stonewall-Aufstände vom 28. Juni 1969 in New York. Damals leisteten queere Menschen – besonders trans*, Schwarze und People of Color – Widerstand gegen Polizeigewalt. Der 28. Juni gilt als Beginn der modernen Pride-Bewegung.
- Regenbogenflagge: Sie ist das bekannteste Symbol der queeren Community. Jede Farbe steht für etwas – Rot für Leben, Orange für Heilung, Gelb für Licht, Grün für Natur, Blau für Harmonie, Violett für Geist. Es gibt viele Varianten – z. B. mit Streifen für Trans*- oder BIPoC-Communities. Gemeinsam zeigen sie: Das Leben ist bunt – und alle gehören dazu.